Digitalisierung der Abschlussprüfung - Evolution oder Unterwerfung?

Aufsatz von Roger Odenthal, WP Praxis 3/2019 S. 64

Aktuelle Trends zur umfassenden Digitalisierung der Abschlussprüfung stellen den Berufsstand vor entscheidende Herausforderungen. Die püferische Auseinandersetzung mit Daten anstatt mit realen Betriebsprozessen gewinnt zunehmend an Bedeutung.

In vielen Abschlussprüfungen erfolgt diese Datenaufbereitung bereits durch Daten-Scientisten ohne Revisionserfahrung, während hieraus resultierende Ergebnisse anschließend fachlich oder kaufmännisch orientierten Prüfern zur Beurteilung überlassen werden, welchen fundiertes Basiswissen zu diesen Daten häufig fehlt. Dabei zeichnet sich am Horizont bereits Analysesoftware ab, die mittels artifizieller Intelligenz und undurchschaubarer Algorithmen zu Prüfungsergebnissen führt. Der Wandel hin zu solchen digitalen Prüfungstechniken ist unabweisbar. Gleichwohl gilt es, sich als Abschlussprüfer gegenüber hieraus resultierenden Ergebnissen zu verhalten. Droht dabei eine Zweiklassengesellschaft von Prüfern oder bestehen noch Chancen für eine evolutionäre Entwicklung?

Kernaussagen 

• Neue Prüfungstechniken werden sich in naher Zukunft auf „intelligente“ Software stützen, deren Algorithmen (und Ergebnisse) kaum mehr nachvollziehbar sind.
• Die skeptische Auseinandersetzung mit solchen Entwicklungen erfordert von Abschlussprüfern Erfahrung und eine konstruktive Begleitung.
• Eine Beschäftigung mit digitalen Prüfungsverfahren vermeidet den Gang in die prüferische Zweiklassengesellschaft oder eine alternative Unterwerfung unter automatisierte Auswertungsverfahren.

Fazit

Abschlussprüfung folgt den allgemeinen Digitalisierungstrends in der Wirtschaft. Während hierbei einige Prüfungsgesellschaften bereits weitgehend autonom arbeitende Analyseprogramme einsetzen, welche die prüferische Urteilsbildung determinieren, positionieren sich auf der anderen Seite viele Berufsangehörigen ohne professionellen Zugang zu entsprechenden Prüfverfahren. Die Aufteilung von Prüfungsteams in IT-Spezialisten (Daten-Scientisten) und fachlich orientierten Prüfern eröffnet hierbei kaum eine zukunftsorientierte Lösung. Die erforderlichen Analyseerfahrungen müssen vielmehr eigenständig durch alle in die Abschlussprüfung involvierten Verantwortlichen erarbeitet werden. Dies ist ein evolutionärer Prozess, für den sich primär solche Analyseprogramme eignen, die ohne besondere technische Expertise eingesetzt werden können.